Bayern will auf die bundesweite Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber nicht warten. Bereits ab heute wird daher in vier ausgesuchten Pilot-Kommunen die Zuwendungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nicht mehr in bar, sondern per Guthaben auf eine Debitkarte "ausgezahlt". Geplant ist eine bayernweite Einführung dann noch im zweiten Quartal - sollten technische Mängel und Probleme im Testzeitraum behoben sein und sich das System bewährt haben.

Kritik gibt es durchaus auch aus den Reihen der Wohlfahrtsverbände, wir als Caritas bewerten die Einführung als bürokratisch, kostspielig und ineffektiv. Sinnvoller wäre eine Investition in die Integration. Auch die oft genannten Argumente, dass an Flüchtlinge ausgezahltes Bargeld am Ende an Schlepper geschickt wird oder zur Flucht nach Deutschland motiviert, sei an den Haaren herbeigezogen und populistische Argumentation.

 

Ein Kommentar hierzu von neue caritas:

Bezahlkarte schränkt Lebensführung ein

Der Forderung nach schneller Integration widerspricht die Bezahlkarte. Beim Benutzen wird man sofort als Asylsuchende:r identifiziert, was negative Assoziationen hervorrufen kann. Die persönliche Lebensführung der Betroffenen wird eingeschränkt. Die mit der Karte verbundenen Erwartungen der Migrationssteuerung dürften sich nicht erfüllen.

Staatliche Leistungen für Asylbewerber:innen in ganz Deutschland sollen künftig als Guthaben auf einer Bezahlkarte bereitgestellt und nicht mehr als ­Bargeld ausgezahlt werden. Mit der Karte könnte ein ­System installiert werden, das weniger bürokratisch ist als das "klassische" Sachleistungsprinzip. Die Politik verspricht sich davon, Anreize für illegale Migration zu reduzieren und die Finanzierung von Schlepperkriminalität zu bekämpfen. Mit der Einführung von Bezahlkarten entfällt für Geflüchtete die Möglichkeit, Geldbeträge aus staatlicher Unterstützung in Deutschland an Angehörige in ihren Herkunftsländern zu überweisen. Den Behörden verspricht die Politik mit der Karte zudem eine einfachere Verwaltung.

Der Forderung nach schneller Integration widerspricht die Bezahlkarte grundsätzlich. Die Inhaber:innen sind beim Benutzen sofort als Leistungsempfänger:innen und Asylsuchende zu identifizieren, was in der aufgeheizten Stimmung schnell negative Assoziationen hervorrufen kann.

Das Bundesverfassungsgericht hat im Zusammenhang mit Leistungskürzungen für Geflüchtete ­ausdrücklich ausgeschlossen, dass Eingriffe bei der Lebensunterhaltssicherung für migrationspolitische Erwägungen benutzt werden dürfen. Mit der Bezahlkarte ist zwar keine Leistungskürzung verbunden, allerdings ist bisher völlig unklar, was, wo und wer damit bezahlt werden kann. Nach informellen Nachrichten soll die Karte auf den lokalen Raum beschränkt sein. Käufe über das Internet sollen ausgeschlossen werden. Kann damit dann noch das Honorar eines Rechtsanwalts bezahlt werden?

Eine Bezahlkarte für Geflüchtete ist allerdings sicher zeitgemäßer als das Schlangestehen für Bar-Auszahlungen. Die geplanten Einschränkungen greifen aber massiv in die persönliche Lebensführung der Betroffenen ein. Transaktionen ins Ausland sollen unterbunden werden. Nach unseren Erfahrungen sparen sich Geflüchtete oft auch nur geringe Beträge regelrecht vom Munde ab, um der Familie im Heimatland das Überleben zu sichern. Die überwiegende Mehrheit der Geflüchteten kommt aus Krisen- und Kriegsgebieten. Die Menschen suchen ihr Zielland nach Sicherheit und Zukunftsperspektive aus. Sozialleistungen erklärt kein Flüchtling zu seinem Zukunftstraum. Es geht um Arbeit, Einkommen und ein Leben, das man aus eigener Kraft bestreiten und gestalten kann. Die mit einer Bezahlkarte verbundenen Erwartungen der Migra­tionssteuerung dürften sich nicht erfüllen.

Autor/in: Wilhelm Dräxler

 


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