Wohlfahrtsorganisationen: Der Verband für Stadt und Kreis will mit einer neuen Struktur »zukunftsfähig« bleiben – Zwei Vorstände, sieben Mitglieder im »Caritasrat«

Mit einem Jahresetat von zwölf Millionen Euro gleicht der Caritasverband Aschaffenburg Stadt und Landkreis einem mittelständischen Unternehmen.

Deswegen hat er sich jetzt eine professionellere Struktur mit klaren Verantwortungs- und Kontrollstrukturen gegeben – als erster Caritas-Orts- und Kreisverband in Unterfranken.

Dieter Fuchs (65) und Marco Maier (47), die seit 1. November amtierenden Vorstände des Verbands, stützen sich dabei auf eine Handreichung des Sekretariats der Deutschen Bischofskonferenz. ‘Eine werteorientierte Unternehmensführung zeichnet sich auch durch eine angemessene interne Aufsicht aus’, heißt es in dieser ‘Arbeitshilfe Nr. 182’. Und weiter: ‘Solche Aufsichtsstrukturen sind inzwischen ein Qualitätsmerkmal, das im Interesse der Einrichtungen liegt und ein Wettbewerbsvorteil sein kann.’

Man muss nicht erst das aktuelle Beispiel der Betrugsvorwürfe gegenüber der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Frankfurt bemühen, um aufzuzeigen, wie notwendig funktionierende interne Kontrollinstanzen bei Wohlfahrtsverbänden sind. Beim Caritasverband Aschaffenburg, so berichten die beiden Vorstände Fuchs und Maier in einem Gespräch mit der Redaktion, entstand die Reform aus tiefer Überzeugung: “Die bisherigen Mischstrukturen waren unzeitgemäß”, sagt Fuchs, der nach einem Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften seit 28 Jahren die Geschäfte des Aschaffenburger Verbandes führt.

An seinem Beispiel ist die Reform gut zu illustrieren: Fuchs war als hauptamtlicher Geschäftsführer Mitglied des sonst ehrenamtlich besetzten sechsköpfigen Vorstands. Ein eigenes Kontrollgremium, von der Mitgliederversammlung abgesehen, gab es nicht.

Vorstände selbstständiger

Dies wird nun der neue Aufsichtsrat (Caritasrat) sein, dessen sieben Mitglieder alle ehrenamtlich sind und von der Mitgliederversammlung gewählt wurden. Er bestellt und überwacht die beiden Hauptamtlichen, die nun den Titel ‘Vorstand’ tragen. Fuchs und Maier führen selbstständiger als bisher das operative Geschäft, verantworten den Umgang mit Spenden, Zuschüssen und öffentlichen Geldern, legen dem Aufsichtsrat den Haushaltsplan vor.

Das Überwachungsorgan wiederum beschließt die langfristigen Ziele des Caritasverbands. Nach den Worten von Fuchs schafft das Vertrauen, das zwischen allen Akteuren über die Jahre gewachsen sei, eine gute Grundlage für die Zusammenarbeit.

Wichtigstes Ziel der Reform sei es, den Verband “zukunftsfähig zu erhalten”, sagt Diplom-Pflegewirt Marco Maier, der neben seiner Vorstandstätigkeit das Aschaffenburger Senioren-Wohnstift St. Elisabeth und weitere Caritas-Senioreneinrichtungen in der Region leitet. Eine gedeihliche Zukunft wirkt nicht selbstverständlich in Zeiten zurückgehender Kirchensteuerzuschüsse, hohen Kostendrucks bei Kommunen und Sozialkassen und eines Wettbewerbs unter Trägern von Hilfseinrichtungen.

Da sind die Ehrenamtlichen in den örtlichen Caritasvereinen, die dem Aschaffenburger Verband angehören, wichtiger denn je. Und zum Geist der neuen Struktur, sagt Maier, zähle auch der wertschätzende Umgang mit den Hauptamtlichen in deren oft kräftezehrenden Berufen der Pflege, Betreuung und Beratung.

Ab Juni neue Führungskraft

Sein Vorstandskollege Dieter Fuchs wird ab Juli keiner dieser Hauptamtlichen mehr sein: Er geht dann in Ruhestand. Sein Nachfolger Christopher Franz, ein Sozialpädagoge aus Heimbuchenthal, kommt am 1. Juni. Der 38-Jährige hat 13 Jahre lang bei der Caritas Frankfurt auch Managementerfahrungen gesammelt – wichtig heutzutage in Wohlfahrtsverbänden, die Firmen ähneln.

Claus Morhart