Caritas-Präsidentin zur Debatte über einen Pflichtdienst
„Durch die gegenwärtigen existenzbedrohenden Krisen erfahren wir alle, wie verletzlich die eigene Freiheit ist. Das führt zu einer neuen Aufmerksamkeit für persönliche Pflichten, die wir einander und der Gesellschaft schulden, um gesellschaftliche Freiheit zu verteidigen. Die mit der Idee eines Pflichtdienstes angestoßene Debatte wird nicht zufällig mit neuer Ernsthaftigkeit geführt. Wir müssen sie intensiv weiterführen – und dürfen dabei keinesfalls, wie zu oft, nur junge Menschen im Blick haben.“
Insbesondere Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat dazu aufgefordert, eine ehrliche Debatte über unser Engagement für das gemeinsame Ganze zu führen.
„Wir sind gerne bereit, unsere Erfahrungen in den Diskurs einzubringen – als Begleiter von Menschen in allen Lebenssituationen und als Wirkungsort vielfältigen freiwilligen Engagements, und dies seit nun 125 Jahren,“ so Welskop-Deffaa.
Von jungen Menschen wird schon sehr viel eingefordert
Wichtig sei, dass die gesamte Biographie als Raum für die Auseinandersetzung mit Lebensrealitäten und Sorgen anderer Menschen und für soziales Engagement gesehen wird. „Jungen Menschen werden Solidarpflichten bereits in hohem Maße auferlegt,“ so die Caritas-Präsidentin. „Das haben wir zu Beginn der Corona-Pandemie erlebt, als der Lockdown Schülerinnen und Schüler ins Homeschooling zwang. Das sehen wir in der Sozialversicherung, wo die Pflichtbeiträge der Jungen die Pflege und die Rente der Alten finanzieren. Und auch in der Klimakrise werden die Jungen die Lasten eines ungehemmten Ressourcenverbrauchs schultern müssen. Solidarität kommt nicht ohne Pflichten aus; es bedarf allerdings einer intergenerationellen Ausgewogenheit. Die Diskussion um soziales Engagement für das Gemeinwesen muss alle Generationen betreffen“.
Nachhaltige Absicherung bestehender Freiwilligendienste
“Die Freiwilligendienste – vom Freiwilligen Sozialen und Ökologischen Jahr bis zum Bundesfreiwilligendienst – erfüllen viele Anforderungen, die an ein Engagement für die Gesellschaft gestellt werden: Sie sind offen für alle und sie stärken Zusammenhalt und Demokratie,“ gibt die Caritas-Präsidentin zu bedenken. Deshalb sind die nachhaltige Absicherung und bessere Ausstattung der bestehenden Freiwilligendienste sowie die gesellschaftliche Anerkennung freiwilligen Engagements unumgängliche Aspekte der Debatte.
Die von der Bundesregierung 2023 geplante Nationale Engagement-Strategie müsse diese Aspekte aufgreifen und insbesondere das Zusammenspiel von beruflichem und freiwilligem Engagement in den Wohlfahrtsverbänden als Form nachhaltigen sozialen Engagements stärken, unterstreicht Welskop-Deffaa.
Hintergrund
In den 25.000 Einrichtungen und Diensten der Caritas absolvieren jedes Jahr etwa 10.000 Menschen ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) oder einen Bundesfreiwilligendienst (BFD). Zudem engagieren sich in Deutschland rund eine halbe Million ehrenamtlich für die Caritas.
In einer gemeinsamen Position erläutern der Deutsche Caritasverband und andere Organisationen ihre Ideen zum Vorschlag eines Pflichtdienstes.. In diesem Positionspapier hat die Caritas zudem ihre Erwartungen an die von der Bundesregierung versprochene Nationale Engagement-Strategie formuliert.
Quelle: Deutscher Caritasverband