Weil sie der Allgemeinverbindlichkeitserklärung zur Einführung eines verbindlichen Flächentarifvertrags in der Pflege mehrheitlich nicht zugestimmt hat, erfährt die Caritas seit Tagen vehemente Kritik. In der öffentlichen Wahrnehmung entsteht – nicht zuletzt durch Beiträge in Satiresendungen – ein Zerrbild von der Caritas. Dem wollen und müssen wir entgegenwirken und auch klarstellen, denn die Ablehnung hat gute Gründe. Der Deutsche Caritasverband engagiert sich schon lange für bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege - ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag ist nicht die einzige Möglichkeit, um genau das umzusetzen! 

 

"Nachdem die Caritas einem Flächentarifvertrag für den Bereich Pflege mehrheitlich nicht zugestimmt hat, wird sie öffentlich massiv angefeindet. Mit Kritik war zu rechnen, dass diese nun so vehement ausfällt, überrascht und stimmt nachdenklich. Ganz offensichtlich geht es um mehr als den neuen Tarifvertrag. Viele Zeitungen scheinen nur noch voneinander abzuschreiben, ohne selbst zu recherchieren oder das fachliche Gespräch zu suchen. Die Schlagzeile „Ideologie schlägt Humanität“ (Sylvia Bühler, ver.di-Vorstand), scheint einfach zu verlockend zu sein. Es ist im Augenblick sehr leicht, medial undifferenziert auf „die Kirche“ und „die Caritas“ einzuschlagen.

Um gleich mit einem Missverständnis aufzuräumen: Die Caritas ist nicht gegen Lohnerhöhungen für Pflegerinnen und Pfleger und verhindert diese auch nicht. Die Caritas zahlt in ihren Einrichtungen seit vielen Jahren nach „Tarif“ (AVR-Caritas), bietet damit eine überdurchschnittliche Entlohnung, zusätzliche Sozialleistungen und regelmäßige Lohnerhöhungen. An diesem Prinzip wird sich nichts ändern. (Bis 2023 sind Lohnsteigerungen von ca. 9% in der Pflege vorgesehen.) Zu behaupten, die Caritas würde nun ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schlechterstellen wollen, stimmt nicht. Das war und ist nicht Gegenstand der Verhandlungen gewesen.

Was wird der Caritas vorgeworfen? Woher rührt der Groll gegen die Caritas? Der neue einheitliche Tarifvertrag, der, so will es das Gesetz, nur mit Zustimmung von Caritas und Diakonie auf den Weg hätte gebracht werden können, wäre für jene Pflegerinnen und Pfleger ein Fortschritt gewesen, die bislang zu Dumpinglöhnen bei privaten Anbietern arbeiten müssen. Sie hätten ab Sommer 2023 mit höheren Löhnen rechnen können.

Warum hat dann die Dienstgeberseite der Arbeitsrechtlichen Kommission nicht zugestimmt? Dort hat man sich die Entscheidung nicht leichtgemacht. Caritas will Solidarität stiften und setzt sich seit Jahren für bessere Rahmenbedingungen in der Pflege ein. Sie hat dabei nicht nur die eigenen Dienste und Einrichtungen im Blick, sondern das ganze System. Aber mit dem neuen Tarif, so die Befürchtung, hätte die Caritas ihr Lohnniveau mittelfristig absenken müssen. Das Geld kommt von den Kostenträgern, den Kassen und Versicherungen, die auf Dauer nicht mehr bereit sein könnten, den „Luxustarif“ der Caritas zu bedienen, wenn es einen für sie wesentlich günstigeren Einheitstarif gibt. Der neue Tarifvertrag sieht u. a. keine Zahlung von Überstundenzuschläge, keine betriebliche Altersvorsorge und schlechtere Urlaubsregelungen vor. Auch das Lohnniveau ist weit unter dem, was die aktuellen Verträge von Caritas und Diakonie bieten.

Als Caritas sind wir Akteure auf dem sog. sozialen Markt. Die Idee stammt nicht von der Caritas, sondern aus der Politik. Markt heißt aber auch Konkurrenz, Konkurrenz um Fach- und Arbeitskräfte. Zusammen mit anderen geschätzten Arbeitsbedingungen macht auch der gute Tarif die Häuser der Caritas attraktiv. Deshalb gilt es, diesen auf Zukunft hin nicht zu gefährden."

 

Quelle: Sebastian Schoknecht auf https://www.caritas-wuerzburg.de/aktuelles/nachrichten/detail/ansicht/caritas-weist-vorwuerfe-entschieden-zurueck/

 

Weitere Informationen:

Ja, Pflegekräfte sind der Caritas wichtig
Die Entscheidung der Arbeitsrechtlichen Kommission der Caritas, den Antrag auf einen allgemein-verbindlichen Tarif Altenpflege abzulehnen, sorgt für Irritationen. Caritas-Präsident Peter Neher nimmt dazu Stellung.
https://www.caritas.de/fuerprofis/fachthemen/caritas/ja-pflegekraefte-sind-der-caritas-wichti

Der Tarifvertrag in der Altenpflege kommt nicht. Was nun?
Die Arbeitsrechtliche Kommission der Caritas hat am 25. Februar den Antrag des Pflegearbeitge-berverbands BVAP und der Gewerkschaft ver.di auf eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung des von ihnen abgeschlossenen Tarifvertrags in der Pflege durch das Bundesarbeitsministerium abge-lehnt. Lesen Sie hier mehr.
https://www.caritas.de/fuerprofis/fachthemen/gesundheit/der-tarifvertrag-in-der-altenpflege-komm

Warum die Dienstgeber einen Einheitstarif ablehnen
„Bessere Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten in der Altenpflege schafft nur die Politik ge-meinsam, nicht die Caritas allein“, findet Norbert Altmann. Er vertritt die Dienstgeber der Caritas, die in der Arbeitsrechtlichen Kommission dagegen gestimmt haben, dass der Tarifvertrag Alten-pflege für allgemeinverbindlich erklärt wird.
https://www.caritas.de/fuerprofis/fachthemen/caritas/warum-die-dienstgeber-einen-einheitstari

Entwurf für eine Pflegereform bleibt in wichtigen Punkten hinter den Erwartungen zurück
https://www.caritas-wuerzburg.de/aktuelles/nachrichten/detail/ansicht/entwurf-fuer-eine-pflegereform-bleibt-in-wichtigen-punkten-hinter-den-erwartungen-zurueck/

Wege für eine bessere Pflege
https://www.caritas.de/bessere-pflege

2021 03 18 Pflege1

2021 03 18 Pflege2 

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