Berlin, 25. August 2022. Vorrang für Bildung und Weiterbildung – das ist für den Deutschen Caritasverband die Kernbotschaft der Reform des Sozialgesetzbuchs II, die jetzt von der Bundesregierung auf den Weg gebracht wird.
„Die Logik der Hartz-IV-Reform: ´Hauptsache, die Menschen sind in irgendeinem Job`, wird mit dem Bürgergeld-Gesetz aufgegeben. Und das ist gut so. Wir sehen, dass sich die Arbeitswelt unter den Vorzeichen von Digitalisierung und multiplen Krisen dramatisch verändert. Wer Menschen eine nachhaltige Chance für einen Wiedereinstieg aus der Langzeitarbeitslosigkeit ins Erwerbsleben geben will, muss die Arbeitsmarktpolitik auf den Kompetenzerwerb ausrichten. Von den Grundkompetenzen, die fehlen, bis zum qualifizierten Berufsabschluss“, kommentiert Caritas-Präsidentin Eva Welskop-Deffaa die Einführung des Bürgergeldes.
Gegen den Fachkräftemangel in allen Branchen
„Der Bürgergeldansatz, Anreize für sehr verschiedene Weiterbildungswege zu schaffen und auszubauen, ist dringend überfällig. Der Mangel an Fachkräften in allen Branchen, nicht zuletzt in den sozialen Dienstleistungsberufen, macht deutlich: Wir dürfen niemanden zurücklassen. Qualifikation ist das Gebot der Stunde“, so Welskop-Deffaa.
Zwangsverrentung hat Armutsrisiko erhöht
Auch ältere Langzeitarbeitslose dürfen nicht zum alten Eisen geworfen werden. Wer mit 55 Jahren in seinem alten Beruf keine Verwendung mehr hat, soll sich darauf verlassen dürfen, dass die Investition in eine berufliche Neuorientierung lohnt. Welskop-Deffaa: „Wir sehen es als eine echte Zäsur und einen wichtigen Schritt bei der Bekämpfung der Altersarmut, dass mit dem Bürgergeld die Pflicht abgeschafft wird, als Langzeitarbeitslose_r mit 63 Jahren in Rente zu gehen. Die Zwangsverrentung war ein Statistik-Verschönungsprogramm. Und es war mit erheblichen Armutsrisiken verbunden. Jahre der Langzeiterwerbslosigkeit sind per se ein Risiko für die Alterssicherung. Wenn zusätzlich die Pflicht besteht, mit Abschlägen vorzeitig in Rente zu gehen, ist das Ergebnis sehr oft eine Rente in der Nähe des Existenzminimums. Gut, dass jetzt älteren Menschen die Chance gegeben wird, nach einer Weiterbildung noch einmal neu anzufangen.“
Mehr Haushaltsmittel für die Eingliederung in Arbeit
Damit die gesetzlichen Änderungen beim Bürgergeld Wirkung entfalten können, braucht es im nächsten Schritt die nötigen Haushaltsmittel für die Eingliederung in Arbeit. „Qualifizierung, Umschulung und Integration in Arbeit kosten Geld. Das Bürgergeldgesetz braucht eine überzeugende Umsetzung im Bundeshaushalt“, betont Welskop-Deffaa.
Das gelte ebenso für die Weiterentwicklung der Regelbedarfe: „Wir stecken mitten in einer galoppierenden Energiepreissteigerung. Die Inflation zeigt, wie wichtig es ist, sich endlich auf praxisgerechte Anpassungen der Regelbedarfe zu verständigen“, so die Caritas-Präsidentin, die auch die Forderung nach einem Ausbau der kostenlosen Energieberatung durch den Stromspar-Check bekräftigt: „Wir brauchen die Energieberatung nicht nur für Bürgergeldempfänger_innen. Denn: Energiespar-Kompetenzen sind gut für den Klimaschutz und gut gegen Armut.“
Link zur Position: Stellungnahme zum Bürgergeld-Gesetz (caritas.de)