Im Lockdown ein Rettungsring sein

Not sehen und handeln – spontane Hilfe – Vernetzung – Nachhaltigkeit

Mit dem Lockdown und den Einschränkungen im Frühjahr 2020 im Zuge der Corona-Pandemie wurden auch die Beratungsangebote des Caritasverbandes Aschaffenburg vor eine große Herausforderung gestellt. Persönliche Kontakte und Beratungstermine konnten vorerst nicht durchgeführt werden. Es war jedoch von Anfang an klar, dass gerade die Menschen, die nicht im Mittelpunkt gesellschaftlicher Anerkennung stehen und Hilfe suchen, weiterhin – oder gerade jetzt – umfassende Unterstützung benötigen. Im Allgemeinen Sozialen Beratungsdienst (ASBD) gehen täglich zahlreiche Anfragen zu verschiedensten Themen ein: Unterstützung bei der Antragsstellung und Weiterbewilligung von Sozialleistungen, Hilfe bei drohender Wohnungslosigkeit, Bitten nach finanzieller Hilfe, Beratung bei gesundheitlichen und psychischen Problemen, die Weitervermittlung an weitere Fachdienste und Einrichtungen oder einfach nur die Suche nach “einem offenen Ohr”.

In telefonischem Kontakt, im Freien und an der Eingangstüre und dann auch wieder unter Einhaltung eines erarbeiteten Hygienekonzeptes konnte Beratung in den Räumlichkeiten weiter angeboten werden. Es galt dann, “Rettungsring” in dieser besonderen Zeit zu sein. Dokumente und Anträge wurden mit und für die Klienten ausgefüllt und weitergeleitet und es gilt bis heute, die unter normalen Umständen angebotene Offene Sprechstunde zu kompensieren und auf Einzeltermine zu planen, um alle Hilfegesuche zu betreuen. Auch in der Kurberatungsstelle war man vor Herausforderungen gestellt. Karin Lorenz musste bewilligte und nun durch die Kliniken und Kurhäuser abgesagten Kuren verschieben und entsprechend umplanen.

Burkhard Oberle, Sozialpädagoge und Berater im ASBD, hatte in dieser Zeit mit seinen Kolleg*innen alle Hände voll zu tun. In drei Beispielen beschreibt er hier seine Erfahrungen und wie Allgemeine Sozialberatung in Zeiten des Lockdowns dennoch die Zielgruppe erreicht und Hilfe geboten werden konnte.

Schnelle Hilfe für Flüchtlingsfamilie

Im März, zu Beginn des Corona-Lockdowns rief mich Frau A. an, eine junge Frau aus Afghanistan, die mit ihren Eltern und Geschwistern gerade aus Sachsen-Anhalt in den Landkreis Aschaffenburg gezogen war. In der neu bezogenen Wohnung gab es so gut wie keine Möbel. Die Familie selbst hatte auch nichts. Die Familie schlief auf dem Fußboden. Ich versprach, zu schauen, was möglich ist und mich wieder zu melden.

Von der Leiterin der Kleiderkammer erfuhr ich, dass erst vor kurzem eine Firma mehrere „Topper“, also Matratzen, die auf vorhandene Matratzen aufgelegt werden, gespendet hatte. Das Format hatte sich wohl als unverkäuflich erwiesen.

Ich packte die Matratzen in den Caddy, legte noch Bettwäsche, Decken, Handtücher und Haushaltsartikel dazu und rief Frau A. an um einen Termin zu vereinbaren.

Ich fuhr dann zur Familie A., lud alles im Hof ab und sprach kurz mit Frau A., die oben an der Treppe stand, dass sie sich wieder melden soll, falls sie Unterstützung braucht.

Als Nächstes schickte ich dem Gemeindereferenten der katholischen Pfarrei eine E-Mail und bat ihn, mal bei Familie A. nachzufragen, ob noch weitere Unterstützung erforderlich sei. In der Folge half man der Familie, wo es nötig war. Die beiden Eltern konnten später über die Ehrenamtspauschale kleine Arbeiten in der Pfarrei übernehmen. 

Finanzielle Hilfe für Alleinerziehende

Im April erhielt ich einen Anruf von der Kirchlichen Allgemeinen Sozialarbeit der Diakonie. Eine junge Frau mit drei kleinen Kindern, gerade mit dem vierten Kind schwanger, war von ihrem Mann verlassen worden. Das Konto ihres Mannes war aufgelöst worden, sie hatte kein Geld mehr und saß nun in einer Landkreisgemeinde fest. Notdürftig wurde sie von den Nachbarn unterstützt.

Über einen Nothilfefonds der Diakonie konnte eine finanzielle Unterstützung organisiert werden. Auch der Caritasverband sagte Mittel zu. Problem war nun, der Frau das Geld zukommen zu lassen. Ein eigenes Konto besaß sie nicht, Geld für eine Fahrkarte war nicht vorhanden. Da es für die Mitarbeitenden der Diakonie offensichtlich schwierig war, eine Fahrt in die Landkreisgemeinde zu organisieren, sagt ich spontan zu, das Geld persönlich zu überbringen.

Ich fuhr also zu der jungen Frau, um sie herum drei wuselnde Kinder, die glücklich das Geld in Empfang nahm. In der Folge übernahm die Migrationsberatung der Diakonie die weitere Betreuung der Familie.

Beratung unserer Klienten

Im Corona-Lockdown bot der ASBD zwar keine direkte persönliche Beratung an. Wir waren aber immer erreichbar, niemand wurde abgewiesen. Klienten konnten uns anrufen und konnten Unterlagen in den Briefkasten werfen. Wir haben auch Unterlagen persönlich an der Eingangstüre angenommen und – unter Wahrung einer gewissen Distanz – kurz mit den Klienten gesprochen. Am Telefon haben wir zahlreiche Anträge ausgefüllt, was teilweise sehr anstrengend war, oder Bescheide und andere offizielle Schreiben erklärt und besprochen. Zu einer schwerkranken Klientin wurde regelmäßiger telefonischer Kontakt gehalten.

 

Der ASBD als Rettungsring, Erstanlaufstelle und schnelle Hilfe in Notlagen ist auch immer auf Unterstützung angewiesen.
Wer die Arbeit der Caritas in diesem Feld unterstützen möchte, kann dies mit einer Spende tun.
Weitere Informationen finden Sie unter: https://caritas-aschaffenburg.de/sie-helfen-uns/spenden