Onlineglücksspiele sollen legal werden

Kommentar: Deutschland ist ein Paradies für Glücksspielanbieter. In Deutschland gibt es ca. 500.000 pathologische Spieler. Menschen die mit Verschuldung, Jobverlust, Beschaffungskriminalität, psychischen Problemen und Suizidgedanken zu kämpfen haben.

In den Suchtberatungsstellen ist dies Alltag. In der Beratungsstelle des Caritasverbandes Aschaffenburg stellt die Spielsucht die vierthäufigste Diagnose dar. Seit vielen Jahren streiten sich die Bundesländer über die Regulierung von Sportwetten und Onlinecasinos im Internet. Bislang immer zu Gunsten der Anbieter. Online wie offline haben wir es in Deutschland mit einem Vollzugsdefizit bereits bestehender Regelungen zu tun. So sind Onlineglücksspiele in Deutschland schon immer illegal und Sportwetten mindestens im Graubereich der Gesetzgebung anzusiedeln. Passiert ist trotz dieser Tatsachen wenig. Nun soll ab 01.07.2021 das Onlineglücksspiel „streng“ reguliert werden. Bekannte Kernpunkte sind eine zentrale Sperrdatei, ein Limit von 1000 Euro für den monatlichen Einsatz und ein Werbeverbot im Rundfunk und Internet zwischen 6 und 21 Uhr. Alle Beratungsstellen in Deutschland verzeichnen einen deutlichen Anstieg an Hilfesuchenden, die im Bereich des Onlineglücksspiels Probleme entwickelt haben. Inzwischen dürften gut ein Drittel der Hilfesuchenden aus den Bereichen des Onlineglücksspiels und der Sportwetten stammen. Die Gefahren eine Glücksspielsucht zu entwickeln, ist online besonders hoch. Jeder kann anonym ohne soziale Kontrolle 24 Stunden am Tag spielen. Die schnelle Abfolge der Spiele führt ebenfalls zu einem hohen Risiko. Es können hoch riskante Ereigniswetten gespielt werden. Die Identifikation mit den „Werbeikonen“ ist besonders für junge Menschen sehr hoch. Die Regulierung und Legalisierung wird prognostisch dazu führen, dass der Wettbewerb aufblühen und die Werbung der Anbieter noch präsenter wird. Es wird um jeden Euro Einsatz gerungen. Wir benötigen ein striktes Werbeverbot für Glücksspiele jeder Form, ohne Ausnahmen. Spieler werden schon heute von Werbung überflutet, geködert und immer wieder angelockt. Von Spielsucht Betroffene können nur unter großer Energieaufwendung die Flut der personifizierten Werbung über Post, Email, SMS, Messenger abstellen. Sportereignisse sind werbetechnisch in den Händen der Wettanbieter. Es braucht die Entscheidung zum Verbot von Werbung. Ein Limit von 1000 Euro monatlich ist extrem hoch und liegt für viele Betroffene im Bereich des monatlichen Nettoeinkommens. Hier sind existenzielle Probleme vorprogrammiert. Ein Weiterspielen bei illegalen Anbietern ist trotz aller Regulierung weiter möglich. Es braucht ein klares Vorgehen gegen diese Anbieter. Es reicht nicht durch eine Lizenzvergabe die „Guten“ von den „Bösen“ zu trennen. Die großen Marken aus dem terrestrischen Bereich mit „dickem Geldbeutel“ und großem Einfluss werden den Wettstreit um die Lizenzen gewinnen und ihr „Marketing“ beginnen. Damit werden mehr Menschen in den Bereich des Onlinespielens involviert werden. Zu begrüßen ist die Einführung einer bundesweiten Sperrdatei. Die föderalistische Form der Regulierung muss überwunden werden. Hier sollte aber gleich der große Schritt gegangen werden und alle Formen der Glücksspielangebote, auch offline, erfasst werden. Darauf warten alle Spielsuchtexperten seit Jahren. Aktuell machen alle Bundesländer was sie wollen. Eine zentrale Behörde muss personell und finanziell so ausgestattet werden, dass diese ihren Aufgaben nachkommen kann. Dazu müssen Lizenzvergabe, laufende Beobachtung des Glücksspielmarktes, ständige Kontrolle der Einhaltung der Regulierungsziele und das Durchsetzen von Maßnahmen gegen illegale Angebote zählen. Dass es auch im Spielerschutz für klassische Angebote (Spielhallen, Gastronomie) vor Ort deutlichen Nachholbedarf gibt, zeigt die aktuelle Stellungnahme der CaSu e.V.: Was ist guter Spielerschutz? Für alle Interessierte ist diese unter http://www.caritas-suchthilfe.de/informationen/positionen-und-stellungnahmen/positionen einzusehen. Für die Beratung von Betroffenen und Angehörigen in der Region ist die Suchtberatungsstelle der Caritas im Martinushaus Aschaffenburg der richtige Ansprechpartner.

Daniel Elsässer
Leiter der Beratungsstelle

Dipl.Sozialpädagoge (FH)/Systemischer Berater (DGSF)
Sprecher der AG Glücksspielsucht der CaSu e.V.