Raus aus der Langzeitarbeitslosigkeit: Caritas fordert Paradigmenwechsel in der Sozialpolitik

BERLIN, 7. JUNI 2021. „Wir brauchen einen Paradigmenwechsel in der Grundsicherung. Das Fördern muss, gerade vor dem Hintergrund der Pandemie und ihrer Folgen, viel deutlicher ins Zentrum rücken“, fordert Caritas-Präsident Peter Neher anlässlich einer Anhörung zur Grundsicherung im Bundestagsausschuss Arbeit und Soziales. Die ohnehin schwierige Lebenslage von Langzeitarbeitslosen und ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben sich durch die Coronakrise verschärft. Menschen, die lange keine feste Beschäftigung hatten, haben bei steigenden Arbeitslosenzahlen weiter verschlechterte Chancen auf einen Arbeitsplatz.

Geld für Umschulungen und Qualifizierungen

„Zur Förderung von Langzeitarbeitslosen muss deutlich mehr in Umschulungen und Qualifizierung investiert werden“, fordert Neher. Anstelle einer möglichst schnellen Vermittlung in teilweise instabile Arbeitsverhältnisse muss berufliche Qualifizierung Vorrang erhalten.
Arbeitsmarktpolitik müsse zukünftig stärker auf den Erwerb von Berufsabschlüssen, auf Qualifizierung sowie Aus- und Weiterbildung setzen. „Der Digitalisierungsschub durch die Coronakrise zeigt deutlich, wie schnell Wissen veraltet. Eine gute Grundausbildung und kontinuierliche Fort- und Weiterbildung sind wichtiger denn je, um beruflich am Ball zu bleiben.“

Recht auf Mitgestaltung

Eingliederungsvereinbarungen, die eine nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt fördern, müssen im Gespräch mit den Betroffenen und mit ausreichend Zeit erarbeitet werden. „Leistungsberechtigte müssen ein Recht auf Information und auf Erörterung der eigenen Zielvorstellungen erhalten und die Vereinbarungen, die sie eingehen, aktiv mitgestalten können“, sagt Neher.

Integrationserfolge nicht durch Droh-Sanktionen gefährden

Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2019 ein wichtiges Urteil zu Hartz IV-Sanktionen gefällt und dabei deutlich ihre Grenzen beim Existenzminimum markiert. Der Deutsche Caritasverband fordert eine unverzügliche Umsetzung der Vorgaben des Gerichts. Integrationserfolge dürfen nicht länger durch ein starres Sanktionsregime behindert werden. Dies gilt nicht zuletzt auch für Jugendliche. „Die verschärften Sanktionen für Jugendliche haben sich in der Praxis der Integrationsmaßnahmen der Caritas immer wieder als Hemmnis erwiesen und gehören abgeschafft – auch in Bezug auf die Kosten der Unterkunft“, unterstreicht Caritas-Präsident Neher.

Die Stellungnahme des Deutschen Caritasverbandes finden Sie hier.

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